VOM SUCHEN UND FINDEN
Veröffentlicht: 06. Februar 2012
Wir Menschen sind – so jedenfalls sagt es die Wissenschaft – seit Urzeiten Jäger und Sammler. Doch abgesehen aller wissenschaftlicher Erkenntnisse ahnen wir, dass davon bis heute etwas in uns stecken muss. Nur jagen wir mittlerweile kein Wild im Wald mehr, sondern allerlei Krims und Krams in Kaufhaus und Boutique.
Auch die Sammelei beschränkt sich nicht nur auf Beeren und Pilze. Die Trophäen-Palette reicht von Bierdeckeln über Platten von Elvis bis hin zu – je nach persönlichem Gusto – Autos oder Häusern. So gesehen hat sich der Mensch in den letzten Millionen Jahren nicht wirklich verändert. Der einzige Unterschied ist nur, dass er für seine Leidenschaften nicht mehr halbnackt im Busch herumspringen und sich von Tigern und Elefanten jagen lassen muss. Doch die Parallelen sind größer als es vermuten lässt! Da kann zum Beispiel das ursprünglich als Kaufvergnügen geplante samstägliche Ausflugsevent für Otto Normalverbraucher schnell zu einem Jagdausflug mit hohen Adrenalinpotenzial werden. Glück dem, der weiß, was er sucht und dies auch schnell findet!
Funde ganz anderer Art haben unser Weltbild in letzter Zeit übrigens noch einmal ganz grundsätzlich umgeworfen. Da wäre zum Beispiel eine Tonaufnahme von 1889, auf der ein gewisser Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen zu hören ist, der einmal der erste Reichskanzler des Deutschen Reiches war. Zu hören ist dort ein munterer Mittsiebziger, der – nicht ohne Humor und Tiefsinn – Liedtexte in verschiedenen Sprachen zitiert. Mit dabei: Die französische Marseillaise, die Nationalhymne des Landes, gegen das Deutschland nicht allzu lange zuvor einen Krieg gewonnen hatte. Bemerkenswert ist übrigens der Schluss der Aufnahme, in der Bismarck seinem Sohnemann Maß und Sittlichkeit anrät. Ein köstliches Detail aus den Sorgen und Nöten im 19. Jahrhundert.
Das Heft 52/2011 der Reihe Geo Epoche bearbeitet übrigens ausführlich Otto von Bismark und seine Zeit. Ein empfehlenswertes Heft zur weiterführenden Lektüre.
Ein zweiter Fund der besonderen Art beschäftigt eher die Welt der schönen Künste: Das teuerste und vor allem bestbewachteste Gemälde aller Zeiten hat eine bisher nicht gekannte Schwester. Im Prado-Museum in Madrid wurde nun die Gioconda II vorgestellt, die nicht wie angenommen eine der zahlreichen im Nachhinein angefertigten Kopien ist, sondern vielmehr zeitgleich zum Original im Pariser Louvre entstand, gemalt wahrscheinlich von Leonard da Vincis Lieblingsschüler Francesco Melzi. Die Entdeckung ist einem Zufall zu verdanken, denn erst bei Restaurierungsarbeiten kam hinter dem bisherigen schwarzen Hintergrund eine toskanische Landschaft zum Vorschein, die der des Originals stark ähnelt. Der Artikel auf Südeutsche.de zeigt – neben einem Video – auch einen schönen, direkten Vergleich beider Bilder.
Nachtrag 21. Februar 2012: Zum Thema gibt es jetzt auch einen kleinen Bericht in der ZDF Mediathek.
Der Fund wird die Mythen und Sagen um das Bild sicherlich wieder neu anfachen. Da passt es gut, dass nun auch ein neues Buch über die Mona Lisa im Eichborn Verlag erschienen ist: Der Mona Lisa Schwindel von Deborah Dixon rückt die Geschichte um den Diebstahl des Gemäldes im Jahr 1911 anhand ebenso unglaublicher wie wahrer Details in ein neues Licht. Ist das Gemälde im Louvre gar nicht das Original?
Bei all der Kunst und Wissenschaft mutet es da überaus menschlich an, wenn der 87-jährige Pensionär Hans Feldmeier in seinem Vorratsschrank eine Dose Schweineschmalz findet, die er 1948 in einem Paket der Hilfsorganisation Care (dem berühmten Care-Paket) erhalten hatte, und sich nach all den Jahren schließlich darüber her macht. Aufgeschreckt durch die Diskussion um die Vernichtung von Lebensmitteln und das Haltbarkeitsdatum hat er die Dose nun feierlich geöffnet und festgestellt, dass der Schmalz noch genießbar ist – das zumindest hat ihm das Rostocker Landesamt für Lebensmittelsicherheit bestätigt. Dass die Dose gar kein best-before-Datum besaß, kümmert nur wenig, denn auch bei einer 64 Jahre alten Konservendose würde uns der gesunde Menschenverstand sagen, dass deren Inhalt wenn vielleicht genießbar ist dennoch nicht unbedingt schmecken muss. Ob Hans Feldmeier den Schweineschmalz tatsächlich genossen hat oder nicht, werden wir wohl nie erfahren, denn der Schmalz dürfte mittlerweile entweder in Feldmeiers Magen oder dessen Mülleimer gelandet sein.
Beim Thema „finden und gefunden werden“ denke ich übrigens irgendwie auch an das Verhältnis von Architekt und Bauherr. Warum? Weil das zwei Elemente am Bau sind, die sich noch beziehungsweise wieder finden müssen. Von manchem Architekten ist die Klage unüberhörbar, der Bauherr verstünde ihn nicht und würde über seinen Kopf hinweg entscheiden. Komischerweise hört man Ähnliches von der so beklagten Seite. Kann es sein, dass sich da zwei gegenüber stehen, die eigentlich dasselbe Ziel haben, aber in zwei völlig verschiedene Richtungen springen? Mir als Journalist, der immer mit beiden Seiten zu tun hat, ist natürlich klar, dass der Kern des Problems die Kommunikation zwischen beiden ist. Und damit ist sicherlich nicht die einseitige Kommunikationsstrategie gemeint, wie mancher Marketing-Experte jetzt meinen wird. Denn dass diese Einseitigkeit auch gründlich in die Hosen gehen kann, hat man nicht zuletzt bei dem desaströsen Umgang mit den Protesten gegen das unsägliche Projekt Stuttgart 21 sehen können. Von der Bundesarchitektenkammer jedenfalls kann man mit Recht behaupten, dass sie um den Dialog zwischen Architekt und Bauherr bemüht ist. Auf der Website „Besser mit Architekten“ erfahren bauwillige Menschen, dass es ein Architekt gut meint mit ihnen und dass das Engagieren eines solchen obendrein sinnvoll sein kann. Eine Aussage, über die sich Architekten einmal Gedanken machen sollten! Finden da am Ende etwa Bauherren und Architekten wieder zusammen?
Die Plattform ist übrigens nicht nur für zukünftige Bauherren, sondern auch für Architekten durchaus interessant. Machen Sie als Architekt doch mal den Test und schauen Sie, ob sie sich dort inhaltlich wiederfinden. Und schreiben Sie mir Ihre Meinung oder kommentieren Sie unter diesem Artikel – ich bin gespannt auf Ihre Beiträge!
08. Februar 2012 20:20
Gefaellt mir gut die Seite. Schone Themenwahl.
09. Februar 2012 13:45
Vielen Dank , Bert 🙂
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Herzliche Grüße
Der Raumjournalist
07. März 2012 05:28
Love the blog