VOM WERDEN DES LICHTS – EINST WIE HEUTE
Veröffentlicht: 03. April 2012
Wenn man dieser Tage draußen unterwegs ist, erlebt man das Licht in seiner schöpferischsten Weise. Ein neues Werden und Pulsieren – es tut sich was: der Frühling kommt. Licht ist Leben.
Licht steht symbolisch für das Höchste, Reine und Göttliche, für Vollkommenheit und Schönheit. Licht ist Orientierung und Nahrung, Gefühl und Energie. Mit ihm fing alles Sein hier auf Erden an. Licht verheißt Gutes.
Zu Beginn der Menschheitsgeschichte bestimmten einzig Sonne, Mond und Sterne den Ablauf aller Dinge. Es war ein fest vorgegebener Rhythmus aus Tag und Nacht. Erst die Entdeckung des Feuers und die Kenntnis über dessen Nutzung durchbrachen diesen Rhythmus grundlegend – wohl eine der größten Zäsuren in der Geschichte des Menschen. Das Verhältnis unserer Vorfahren zur ihrer Umwelt veränderte sich damals grundlegend, denn das Feuer eröffnete völlig neue Möglichkeiten der Nahrungszubereitung, es wärmte, bot Schutz vor wilden Tieren, diente als Mittel zur Jagd und Verteidigung und, ja natürlich: Es wurde neben den Himmelskörpern zur wichtigsten Lichtquelle. Von nun an konnte der Tag in die Nacht hinein verlängert werden, die uneingeschränkte Herrschaft der Dunkelheit war zu Ende. Vermögen wir es – nur einen Augenblick lang – zu erahnen, welch unfassbares Gefühl das gewesen sein muss?
Bis ins beginnende 21. Jahrhundert sollte das Feuer in all seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen die einzige Lichtquelle bleiben. Die Glühbirne stellte zwar eine völlig neue Form der Beleuchtung mit vielen Vorteilen dar, doch streng betrachtet bedeutet auch das Glühen eines Wolframdrahtes im Vakuum nichts anderes als das Brennen eines Feuers, nur eben in veränderter und vor allem kontrollierbarer Umgebung. Zugegeben: Die Glühbirne als Licht-Feuer im Miniaturformat haben wir lieben gelernt – sie ist für uns in den letzten knapp 150 Jahren geradezu der Inbegriff von Licht geworden, wie der Lichtpoet Ingo Maurer aus München im Interview mit Schöner Wohnen trefflich bemerkt: „Die [Glühbirne] ist für mich eine wunderbare Synthese aus Poesie und Technik, aus Schönheit und Nützlichkeit. Und sie hat eine der faszinierendsten Formen, die man sich als Designer vorstellen kann!“
Was wir jedoch seit einigen Jahren erleben, ist nicht weniger als die Geburt eines völlig neuen Lichtzeitalters, eingeläutet durch die massive Verbreitung der Light Emitting Diod, oder kürzer: LED. Obwohl Anfang des 20. Jahrhunderts von dem englischen Forscher Henry Joseph Round er-, oder genau genommen ge-funden, erfährt sie zurzeit vor allem mit dem schrittweisen Verbot der herkömmlichen Glühbirne in den letzten Jahren sowie der Energiewende einen massiven Entwicklungsschub. Wie keine andere Technologie hat die LED die Leuchtenindustrie aufgewühlt, und noch längst ist keine Ruhe eingekehrt. Für den Verbraucher ist die LED vor allem wegen ihres geringen Stromverbrauchs attraktiv geworden. Hersteller und Planer lieben sie wegen ihrer geringen Dimensionen und der vielfältigen Möglichkeiten, Licht zu erzeugen. Die LED scheint für also viele die ultimative Antwort auf alle Beleuchtungsfragen der Zukunft zu sein.
So war schon die letzte Messe Light+Building in Frankfurt/Main deutlich geprägt von der Aufbruchstimmung in ein neues LED-Zeitalter – es gab keinen Hersteller mehr, der sich nicht mit der LED auseinandersetzte. Die großen Player am Markt hatten bereits konkrete Leuchten-Lösungen in ihrem Messe-Portfolio. Auch in diesem Jahr ist wieder damit zu rechnen, dass bei den rund 2.100 Herstellern vor allem auf dem Gebiet der LED viel Neues zu sehen sein wird. Das diesjährige Messemotto ist die Energieeffizienz, spannende Schwerpunkte sind die Digitalisierung von Licht und Gebäude sowie das Gebäude als grünes Kraftwerk, mit Themen wie Photovoltaik, Elektromobilität, intelligente Stromnutzung und Smart Grids. Es wird viel Innovatives geben, sowohl von bekannten Herstellern als auch von ganz neuen Mitbewerbern beispielsweise aus Fernost. Denn die neuen Technologien bringen zwar vielfältige neue Möglichkeiten, aber auch mehr Konkurrenz aus Bereichen, die bisher nur wenig mit der Lichtbranche zu tun hatten.
Am Ende wird sich diese Konkurrenz sicherlich belebend auf das Geschäft auswirken. Umso mehr muss sich jeder Hersteller die Frage nach der eigenen Position auf dem Markt stellen. Wichtiger Faktor dabei ist, neben der technischen Innovation, das Design. „Grundsätzlich gibt es hier zwei Herangehensweisen“, verrät Dietmar Zembrot, Geschäftsführer des Arnsberger Leuchtenherstellers Trilux: „Als Produzent muss man sich schon bei der Definition seines Portfolios entscheiden, welchen Fokus man setzen möchte: Will man eine durchgehende Design-Linie, eine eigene DNA haben, für die man sich die passenden Designer sucht, oder soll das Angebot durch die Vielfältigkeit mehrerer Designer bestimmt werden?“ Beides kann richtig sein, wenn man am Ende als Hersteller seinen Weg auch konsequent weiter geht und der Lichtplaner somit weiß, was er bekommt. Was der Planer jedoch in jedem Fall voraussetzt, ist die technische Ausgereiftheit eines angebotenen Produkts.
Die reine Leuchtentechnologie und das Design sind die eine Seite der Medaille. Die andere aber ist die Planung im Gebäude: Vorgaben aus allgemein gültigen Normen bestimmen bisher vor allem die Menge des Lichts in einem Raum oder an einem Arbeitsplatz. Doch: Die Beleuchtung hat hier bisher meist noch den Stellenwert eines Beiwerks, das erst spät in der Planungsphase eines Gebäudes berücksichtigt wird. Gutes Licht hingegen ist häufig leider nach wie vor alles andere als selbstverständlich. „Oftmals fällt das Thema Licht erst dann auf, wenn es darum geht, Schönheit in das Bauwerk zu bringen. Aus technischer Sicht ist dieser Zeitpunkt mitunter schon sehr kritisch, weil die Hauselektrik für das Licht schon im Rohbau eingeplant werden sollte. In manchen Planungen ist es dann meist schon zu spät – was dann natürlich sehr bedauerlich ist.“ Gerd Pfarré, Lichtplaner aus München, weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es heutzutage ist, den Lichtplaner so früh wie möglich in ein Projekt einzubeziehen. Denn vorbei sind die Zeiten, in denen es nur darum ging, Stromleitungen mit 220 V für die gesamte Beleuchtung im Gebäude vorzusehen. Eine zeitgemäße Beleuchtung besteht heute aus einer komplexen Anlage, die verschiedene Szenarien mit ganz unterschiedlichen Lichtquellen ermöglicht. Da gilt es, so früh wie möglich die richtige Basis zu schaffen.
Eines ist klar: Bei der Lichtplanung geht es längst nicht mehr nur um die Beleuchtung, sondern auch um die Qualität des Lichts. Die reine Beleuchtungsstärke schweigt über Faktoren wie Farbe, Blendfreiheit, Stabilität und so weiter. Wichtig für die Qualität einer Planung ist letztendlich auch eine intensive Vernetzung zwischen Planern und Industrie, denn beide können und müssen voneinander lernen. Eine gute Gelegenheit zum Austausch bietet da zum Beispiel der vom internationalen Verband der Lichtplaner IALD jährlich veranstaltete „Lighting Crosstalk“ im Rahmen der „IALD Enlighten Americas “ in Vancouver, bei dem Industrie und Planer ganz real zusammentreffen. In einer Art Speed Dating der Lichtplanung sitzen sich hierbei Planer und Hersteller jeweils 25 Minuten gegenüber und tauschen sich über Probleme und Wünsche aus.
Wie es also aussieht, wird sie noch lange im Umbruch sein, die Welt des künstlichen Lichts! Umso mehr sind Hersteller, Planer und Leuchtendesigner herausgefordert, den fachlichen Austausch miteinander zu intensivieren. Neue Formen der Beleuchtung und des Lichts wollen erforscht werden. Ein guter Weg zum Erreichen dieses Ziels wäre die Verbindung des technischen Wissens der Hersteller mit der formalen Kompetenz der Leuchten-Designer und dem gestalterischen Können der Lichtplaner und -designer.
Raum für eben diesen so wichtigen Dialog wird in Kürze die Messe Light+Building vom 15. bis 20. April 2012 bieten. Und wenn sie ihre Tore öffnet, erleben wir schon längst das alljährliche Staunen und Freuen über die Kraft des werdenden Lichts in der erwachenden Natur.
Das Licht, es ist noch immer im Werden.
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